Frage:
Wo bekomme ich eine Interpretation her für "das dicke kind" von marie luise kaschnitz?
anonymous
2006-07-02 04:53:27 UTC
Ich benötige eine Interpretation zum thema "das dicke kind" von marie luise kaschnitz
Zwei antworten:
Pace
2006-07-03 11:01:30 UTC
Kommentar:



In der Erzählung "Das dicke Kind" erinnert Marie Luise Kaschnitz sich an ihre eigene Kindheit. Es ist eine seltsame Geschichte voller Angst, Widerwillen und Selbstaggression.



Marie Luise von Holzing-Berstett wurde am 31. Januar 1901 als Tochter eines Offiziers in Karlsruhe geboren. Im Alter von dreiundzwanzig Jahren fing sie in Rom als Buchhändlerin zu arbeiten an und lernte dort den zehn Jahre älteren österreichischen Archäologen Guido Freiherr von Kaschnitz-Weinberg kennen. Sie heirateten im Jahr darauf. Ihre einzige Tochter kam 1928 zur Welt. Als ihr Mann 1958 nach zweijähriger Krankheit an einem Gehirntumor starb, fiel es Marie Luise Kaschnitz schwer, über den Verlust hinwegzukommen.



Seit Ende der Zwanzigerjahre schrieb sie Lyrik und Prosa. 1955 erhielt sie den Georg-Büchner-Preis und zwölf Jahre später den Orden Pour le Mérite, um nur zwei ihrer Auszeichnungen zu erwähnen.



Marie Luise Kaschnitz starb am 10. Oktober 1974, während eines Besuchs bei ihrer Tochter Iris Constanza in Rom.



Schau doch mal dort nach.

Unten ist der Link.





mfg Pace
ichmalwieder
2006-07-02 12:12:02 UTC
Hallo



ich hab dir einen interpretationsansatz und was zur symbolik.

ich denke dass wird dir schon ein ganzes stück weiterhelfen.



Interpretationsansatz

Die Kurzgeschichte lässt Parallelen zu Marie Luise Kaschnitz‘ Kindheit erkennen. Auch sie fühlte sich im Gegensatz zu ihren Schwestern als etwas Schlechteres. In der Kurzgeschichte erzählt sie einen Teil von ihrer Kindheit. Sie beschreibt sich selber als das kleine dicke Kind, das einer Raupe ähnelt und sie empfindet Ekel und Hass gegenüber sich selbst. Sie hatte als Kind keine eigene Meinung und stand im Schatten ihrer Schwestern. (Kaschnitz: „Ich tue mir leicht weh, und man tut mir leicht weh, die Geschwister, die Mutter, der Vater, der mich übersieht.“ [1]) Die Tatsache, dass sie das dicke Kind erst so lange Zeit nicht erkannt hat, lässt vermuten, dass sie ihre Kindheit vergessen oder auch verdrängt hat. Das lässt darauf schließen, dass sie keine fröhliche Kindheit hatte, bis sie anfing zu kämpfen, denn als das Kind im Eis ums überleben kämpfte, erkannte sie es. Der Titel und die Rolle der Erzählerin spielen hierbei auch eine wichtige Rolle. Der Titel „Das dicke Kind“ lässt vermuten, dass sich diese Kurzgeschichte um dieses Kind handelt, doch da die Erzählerin aus der Ich-Perspektive erzählt und damit auch einiges über sich selber preisgibt wird zunächst nicht klar wer von beiden nun die Hauptperson ist. Die Erzählerin berichtet zunächst noch sehr objektiv, gibt nach einer Zeit aber immer mehr Wertungen über das Kind ab, die die beiden verbindet und immer mehr aneinander bringt. Sie stehen sich so nahe, dass sie am Ende der Geschichte zu einer Person verschmelzen.





Symbolik

In „Das dicke Kind“ spricht die Autorin immer ziemlich negativ von dem Kind und damit auch von sich selbst. Sie benutzt Wörter wie Ekel und Hass, fühlt sich von dem Kind abgestossen und verhält sich grausam und kalt. Außerdem vergleicht sie es zuerst mit einer Raupe, später mit einer Kröte. Die Raupe isst immer weiter, es scheint als würde sie aus einem Zwang heraus handeln und alles was sie bekommt in sich hinein schlingen. Nicht nur Essen, auch Anerkennung und Zuneigung. Die Kröte stellt sich ungeschickt an, rutscht auf dem Boden herum und braucht ewig, um ihr Ziel zu erreichen. Kurz darauf bricht das Kind in das Eis ein. Das ist der Moment, wo sich alles ändert. Das Kind muss kämpfen, um herauszukommen. Die Erzählerin glaubt nicht daran, dass es das Kind schafft, aber in dem Gesicht des Kindes kann man den Willen erkennen, mit dem Eis ist auch die Schale des Kindes gebrochen. Das Kind muss alleine herauskommen, es ist niemand da, der hilft oder der sagt, was es zu tun hat. Diese Ungeschicklichkeit ist weg und obwohl die Finger bluten, zieht es sich hoch und kämpft weiter. Das ist der Moment, wo die Erzählerin sich selber in dem Kind wiederfindet und das ist wahrscheinlich auch der Moment, wo sich das Leben der Erzählerin verändert hat, denn davor hat sie das Kind nicht erkannt, erst als es kämpfte wusste sie wer es ist und ihr wurde wieder bewusst, was davor war, bevor sie angefangen hat zu kämpfen. Jetzt wird auch klar, was das Kind gemeint hat, als es davon sprach, dass es „im Wassermann“ geboren ist, denn es ist ein Januartag, an dem das Kind in das Eis einbricht. Das Kind ist sozusagen an diesem Tag das zweite Mal geboren und zwar im Sternzeichen „Wassermann“.


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
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